Das Wissen über Pflege hat einen Kopf.

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Christian Hemsing, unabhängiger Pflegesachverständiger im Gesundheitswesen (WIFAP), Fachtherapeut Wunde (ICW), Wundexperte (ICW), examinierter Krankenpfleger, Experte der stationären und ambulanten Pflege.

In einem System, das auf Sachlichkeit ausgerichtet ist und in dem es nur Personen gibt, braucht es Menschen für Menschen. Christian Hemsing ist einer davon. Ein Experte, der sein ganzes Wissen und Wirken für die Würde von Pflegebedürftigen einbringt.

Was in der Pflege alles möglich ist? In über 25 Jahren hat Christian Hemsing so viele Geschichten erlebt. Die einen schrieb das Leben. Die anderen die Bürokratie. Mit den Erkenntnissen und Erfahrungen daraus unterstützt Christian Hemsing jetzt Menschen für ihr Recht auf Pflege.

Wie stellen sich aktuell die Aussichten auf Pflege aus Expertensicht dar? Christian Hemsing antwortet.

Pflegebedarf – wie stellt sich die Situation typischerweise ein?

Die Pflegebedürftigkeit eines Menschen stellt sich häufig plötzlich und unvermittelt ein, da ist ein Unfall beispielsweise. Für alle Beteiligten bedeutet das einen Sprung ins kalte Wasser. Zeit, erst noch schwimmen zu lernen, bleibt da meist nicht.

Das gewohnte Leben muss neu organisiert werden. Um den Verlust an Selbstständigkeit durch Pflege auszugleichen, braucht es pflegerische Unterstützung. Die kostet nun mal. Um das dafür notwendige Geld zu bekommen, müssen oft hohe bürokratische Hürden genommen werden. Daran scheitern viele – obwohl sie einen Anspruch auf einen Pflegegrad hätten. Das ist sehr schade, denn am Ende bedeutet ein angemessener Pflegegrad für die Bedürftigen ein besseres Leben.

Wenn Antragsteller scheitern, was sind die Gründe dafür?

Die Gründe für einen ablehnenden Bescheid sind ganz unterschiedlich. Oft scheitert es schon am Wissen. Um die eigenen Möglichkeiten zu kennen, muss man natürlich um die eigenen Rechte wissen und mögliche Ansatzpunkte finden. Doch das sind Fragen der Sozialgesetzgebung. Und wer wird da schon von heute auf morgen mal eben nebenbei Experte?

Manchmal fehlt auch schlicht der Wille zur Auseinandersetzung mit den Anforderungen auf einen Pflegegrad. Dann werden die Aufgaben eher schlecht als recht erledigt und so viel Potenzial bei den Anträgen verspielt, etwa, wenn Dokumentationen nicht ausreichend sind. Auch das ist natürlich immer sehr schade. Denn am Ende bedeutet es weniger Geld. Und weniger Geld bedeutet weniger Pflege, also weniger Lebensqualität.

Und dann ist da noch der Faktor Zeit. Eine sorgfältige Vorbereitung erhöht die Chancen enorm für die Bewilligung eines Pflegegrads. Die fehlt oft. Vor allem, wenn die Menschen nicht genau wissen, worauf es ankommt und dadurch unnötiger Mehraufwand entsteht.

Was ist Ihr Rat an alle, die jetzt Hilfe bei der Pflege brauchen?

Kritisch und standhaft bleiben. Wer sich von der Bürokratie einschüchtern lässt oder ein ablehnendes Pflegegutachten ungeprüft hinnimmt, der verschenkt leicht Hunderte – auf lange Sicht Tausende Euro –, mit denen das Leben leichter wäre. Wer dagegen für sein Recht auf Pflege einsteht, entdeckt schnell, wie viele Möglichkeiten es gibt, am Ende die angemessene Unterstützung zu bekommen.

Wenn es ein Recht auf Pflege gibt, dann gibt es auch eine Gerechtigkeit, für die einzusetzen sich lohnt.